(Aufdecken, was wirklich passiert)
Wenn du heute in eine Organisation schaust und fragst: „Wo sind eigentlich eure Prozesse dokumentiert?“, bekommst du meist eine Excel-Tabelle, ein paar PowerPoint-Slides oder einen Ordner mit Swimlane-Diagrammen. Auf dem Papier wirkt das ordentlich. Aber was passiert in der Realität? Genau da liegt der blinde Fleck.
Die Illusion der Vollständigkeit
Viele Unternehmen glauben, sie hätten ihre Prozesse im Griff, weil irgendwo Abläufe beschrieben sind. Doch diese Landschaft ist oft lückenhaft, unübersichtlich oder schlicht veraltet. Ein Prozess existiert eben nicht, weil er dokumentiert ist, sondern weil er gelebt wird.
Das Problem: Die „sichtbare“ Landschaft zeigt nur den Teil, den man einst aufgeschrieben hat. Die eigentliche Organisation läuft auf unsichtbaren Pfaden. Abkürzungen, Parallelwege, unklare Zuständigkeiten – alles Dinge, die auf keinem Diagramm stehen, aber den Alltag bestimmen.
Warum das gefährlich ist
Wer nur auf die sichtbaren Prozesse schaut, steuert am Kern vorbei. Entscheidungen basieren auf Halbwahrheiten. Effizienzprogramme greifen ins Leere. Und nicht selten werden Mitarbeitende frustriert, weil ihre Realität im offiziellen Modell nicht vorkommt.
Es ist wie bei einer Landkarte: Wenn Straßen fehlen, wirst du dich verfahren – egal, wie schön die Karte aussieht.
Was wir tun können
Die unsichtbare Prozesslandschaft verschwindet nicht von selbst. Wir müssen sie bewusst sichtbar machen. Das heißt:
- Mit den Menschen sprechen, die die Arbeit täglich tun
- Schnittstellen hinterfragen, nicht nur Abläufe beschreiben
- Rollen und Verantwortungen klären, statt Kästchen im Organigramm zu malen
- Regelmäßig prüfen, ob die dokumentierte Welt noch zur gelebten passt
Es geht nicht um Perfektion. Aber es geht darum, den Nebel zu lichten und ein realistisches Bild zu zeichnen.
Dein nächster Schritt
Schau dir eine zentrale Prozessbeschreibung in deiner Organisation an. Frag drei Personen, die in diesem Prozess arbeiten: „Läuft das wirklich so?“
Die Antworten sind oft ernüchternd – und gleichzeitig der beste Startpunkt, um die unsichtbare Prozesslandschaft Stück für Stück aufzudecken.